- Graz
Der Beitrag liefert Einblicke, warum Bäume für Städte unverzichtbar sind, wie neue rechtliche Rahmenbedingungen durch die EU-Renaturierungsverordnung den Schutz und die Förderung von Grünflächen vorantreiben und welche innovative Rolle das Baumbudget der Stadt Graz bei der Finanzierung und Umsetzung von Baumpflanzungen spielt.
Bäume sind in Städten nicht nur ein ästhetisches Element, sondern sie bieten auch eine Vielzahl ökologischer, gesundheitlicher und sozialer Vorteile, die das Leben der Stadtbewohner:innen positiv beeinflussen. Bäume helfen,
- die Hitzebelastung in Städten zu reduzieren,
- tragen zur Verbesserung der Luftqualität bei,
- haben positive Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit,
- fördern die Biodiversität und
- absorbieren und speichern Regenwasser, wodurch das Risiko von Überschwemmungen reduziert wird.
Dies sind nur einige Gründe, warum es sich lohnt, in städtische Baumpflanzungen zu investieren – mehr dazu gibt es im Beitrag über das Schwammstadtprinzip für Bäume.
EU-Renaturierungsverordnung: Ein Wandel für städtische Bäume
Zukünftig wird die EU-Renaturierungsverordnung eine zentrale Rolle in den Transformationsprozessen städtischer Räume spielen. Ziel dieser Verordnung zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme ist es, geschädigte Lebensräume in der EU bis zum Jahr 2050 in einen guten Zustand zu versetzen – dazu zählen auch städtische Ökosysteme. In Artikel 8 der Verordnung ist festgelegt:
Kein Nettoverlust von Grünflächen und Baumüberschirmung:
Die Mitgliedstaaten stellen bis zum 31. Dezember 2030 sicher, dass in städtischen Ökosystemgebieten, die gemäß Artikel 14 Absatz 4 bestimmt werden, kein Nettoverlust an der nationalen Gesamtfläche städtischer Grünflächen und städtischer Baumüberschirmung gegenüber 2024 zu verzeichnen ist. Stadtzentren und urbane Räume mit sehr hohen Grünflächen und Baumbedeckungsanteilen können bei dieser Berechnung ausgenommen werden.
Steigender Trend bei der Baumüberschirmung:
Die Mitgliedstaaten müssen in jedem städtischen Ökosystemgebiet, das gemäß Artikel 14 Absatz 4 bestimmt wird, einen steigenden Trend in Bezug auf die städtische Baumüberschirmung erreichen; dieser Trend wird ab dem 1. Januar 2031 alle sechs Jahre gemessen, bis ein gemäß Artikel 14 Absatz 5 festgelegtes zufriedenstellendes Niveau erreicht ist.
Was bedeutet das für die Zukunft unsere Städte?
Diese neuen Anforderungen wirken sich maßgeblich auf die Gestaltung von Stadtgebieten und urbanen Zentren aus. Manche Städte stehen hier womöglich vor Herausforderungen, sei es in Bezug auf Planung, Ressourcen oder die langfristige Umsetzung. Die Verordnung erfordert eine strategische und systematische Herangehensweise, um die Ziele der EU-Renaturierungsverordnung zu erreichen.
Baumbudget der Stadt Graz – ein innovativer Ansatz zur Stadtbegrünung
Ein Beispiel für solch einen Ansatz ist das Baumbudget der Stadt Graz: Hier werden durch gezielte finanzielle und personelle Mittel die Pflege und Neupflanzung von Bäumen gefördert, um die städtische Begrünung zu stärken.
Das Baumbudget der Stadt Graz ist ein relativ junges Modell, das vor einem Jahr mit dem klaren Ziel eingeführt wurde, die Begrünung der Stadt gezielt zu fördern. Die nötigen Ressourcen setzen sich aus drei unterschiedlichen Quellen zusammen:
- Ausgleichsabgabe aus der Baumschutzverordnung
- Baumpatenschaften
- Beschlüsse des Gemeinderats bei Einzelprojekten
1. Die Baumschutzverordnung:
Diese Verordnung, die vom Grazer Stadtsenat beschlossen wurde, regelt, dass bei der Fällung von Bäumen verpflichtende Neupflanzungen durchgeführt werden müssen. Seit der Novellierung der Verordnung heißt es in § 5 Ersatzpflanzung (3) a) In den Fällen des § 4 Abs. 1 Z 5 und 6 sind pro angefangenen 50 cm Stammumfang der zu entfernende Bäume, gemessen in 1 Meter Stammhöhe, ein Ersatzbaum zu pflanzen und zu erhalten. Dies gilt auch für bereits entfernte Bäume gem. § 5 Abs. 1 Z 2. Falls Neupflanzungen nicht umgesetzt werden können (Beurteilung durch eine/n Sachverständige/n des städtischen Baumschutzreferats) sind Ausgleichsabgaben zu entrichten. Die Einnahmen aus der Baumschutzverordnung sind seit der Novellierung der Verordnung erheblich gestiegen. Diese erheblichen Finanzmittel fließen ausschließlich in Baumpflanzungen. Ziel ist es, vor allem kostenrelevant „einfache“ Baumpflanzungen zu finanzieren, um so viele Bäume wie möglich zu pflanzen und die städtische Begrünung weiter auszubauen.
2. Die Baumpatenschaft:
Die zweite Finanzierungsquelle sind Baumpatenschaften, die als kleinere, aber effektive Möglichkeit zur Unterstützung der Stadtbegrünung dienen. Es gibt verschiedene Pakete, die von „S“ bis „XL“ reichen, jede/r Interessierte kann (unabhängig vom Wohnsitz) eine Patenschaft übernehmen – entweder für die Pflege eines Baumes oder für eine Neupflanzung. So haben auch Privatpersonen und Unternehmen die Möglichkeit, durch ihre Beiträge die Stadtbegrünung aktiv zu unterstützen.
3. Beschluss im Gemeinderat je Einzelprojekt:
Die dritte Quelle für das Baumbudget in Graz sind klassische finanzielle Mittel, die über einen Beschluss im Gemeinderat, bezogen auf einzelne Bauprojekte, bereitgestellt werden. Hierbei werden investive Mittel der Stadt Graz verwendet, die gezielt für Baumpflanzungen eingesetzt werden. Die genaue Anzahl der Bäume, die an bestimmten Standorten bzw. im Rahmen von bestimmten Projekten gepflanzt werden sollen, werden dem Gemeinderat vorgeschlagen und von diesem beschlossen. Auch werden darüber hinaus bei sämtlichen Infrastrukturprojekten (wie beispielsweise Radweg- und Straßenbahnausbau oder Platzgestaltungen) Bäume gleich mitgeplant und in der jeweiligen Projektfinanzierung auch mitbeschlossen. Somit werden Baumpflanzungen nicht nur von der zuständigen Abteilung für Grünraum und Gewässer umgesetzt, sondern auch von der Abteilung für Verkehrsplanung, der Stadtplanung und der Stadtbaudirektion.
Fazit: Ein Modell, das zur Nachahmung einlädt
Die EU-Renaturierungsverordnung wird in Zukunft auch für Städte eine entscheidende Rolle spielen, da Maßnahmen im Kontext von Grünflächen und Baumüberschirmung nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein werden. Durch die drei beschriebenen Finanzierungsquellen steht der Stadt Graz ein erheblicher Finanzpool zur Verfügung, um Baumpflanzung sowie die Pflege der Bäume (für die ersten drei Jahre) zu finanzieren. Dies ermöglicht es der Stadt, nicht nur kurzfristige Verbesserungen zu erzielen, sondern auch langfristige ökologische und soziale Effekte zu sichern – eine wertvolle Grundlage, um die Stadt Graz noch lebenswerter zu machen, die Anforderungen der EU-Renaturierungsverordnung zu erfüllen und als Vorbild für andere Städte und Gemeinden zu dienen.
Beteiligte
Stadt Graz
Baumpat:innen
Links:
- EU-Renaturierungsverordnung:
https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2024/1991/oj/deu - BMK Informationen zum Renaturierungsgesetz:
https://www.bmk.gv.at/service/presse/gewessler/2024/0619_renaturierungsgesetz.html - Grazer Baumschutzverordnung:
https://www.graz.at/cms/beitrag/10268506/7765198/Baumschutzverordnung.html - Baumpatenschaft der Stadt Graz:
https://www.graz.at/cms/beitrag/10418874/7757216/