Die heißen Sommermonate sind vorbei. Doch die immer häufiger auftretenden Tropennächte, Hitze- und Trockenperioden und die darauffolgenden Starkregen-Ereignisse bleiben uns vermutlich noch länger im Gedächtnis. Die Lösung? Mehr Bäume und ein kluges Regenwassermanagement, das sogenannte „Schwammstadt-Prinzip für Bäume“. Warum das so wichtig ist und wie es funktioniert, erfahren Sie hier. Es funktioniert übrigens genauso gut im Dorf.
Im Schatten der Bäume – klimasensible Stadtgestaltung
Neben konsequentem Klimaschutz braucht es in den städtischen Straßen dringend mehr Platz für Begrünung und Stadtbäume als natürlichen Schatten und als Schutz vor urbaner Hitze. Damit der Umbau gelingt, sind integrierte Lösungsansätze gefragt. Ein sehr wirksamer Lösungsansatz ist das „Schwammstadtprinzip für Bäume“. Der Stadtbaum muss als wichtiger Bestandteil der Transformation von Anfang an einbezogen werden. Die Entwicklung langlebiger Baumstandorte mit ausreichend Platz – sowohl oberirdisch wie auch unterirdisch – ist dabei entscheidend.
Alles Gute kommt von unten
Unsere Städte sind versiegelt – eine Tatsache, die die Auswirkungen des Klimawandels verschärft. Durch den hohen Versiegelungsgrad können Städte und Gemeinden Regenwasser nicht effizient aufnehmen, was zu Hitzeinseln und überlasteten Kanalsystemen führt. Hier setzt das Regenwassermanagement an. Es gilt, Systeme zu etablieren, die Wasser im Kreislauf halten, um für die zukünftigen Herausforderungen gerüstet zu sein. Doch wie funktioniert das genau?
Wirkungsprinzip der Schwammstadt-Bauweise
Nature based Solutions – Die Natur als Vorbild
Die Natur zeigt uns, wie es geht: Sie reguliert Verdunstung, Niederschlag und Abfluss ganz von selbst. Ein Großteil des Regenwassers wird im Boden gespeichert und versorgt so die Ökosysteme, bevor es verdunstet und für Abkühlung sorgt. Das Schwammstadt-Prinzip für Bäume imitiert dieses natürliche System. Es schafft unter befestigten Flächen ausreichend Wurzelraum und speichert Regenwasser, das die Bäume versorgt und gleichzeitig das Kanalsystem entlastet.
Mehr als 90 % des Oberflächenwassers in den meisten Städten läuft direkt in die Kanäle. Was angesichts von Trockenperioden, sinkendem Grundwasser und Starkregen eigentlich verrückt ist. Das Prinzip der Schwammstadt sieht vor, dass möglichst viel Regenwasser im Kreislauf bleibt, von den Bäumen verstoffwechselt beziehungsweise an die Luft verdunstet – quasi eine natürliche Klimaanlage.
Dipl.-Ing. Robert Luger, 3:0 Landschaftsarchitektur
Doppelte Wirkung – Das Schwammstadtprinzip für Bäume
Dieses Schwammstadt-System bietet eine doppelte Lösung: Es schafft Wurzelraum und wirkt gleichzeitig als Starkregenvorsorge. Unter der befestigten Oberfläche (z.B. Pflasterbelag) wird der sogenannte Grobschlag eingebaut. Das ist eine hohlraumreiche Steinschicht, die auftretende Verkehrslasten (z.B. von Autos) in den tragfähigen Untergrund ableitet, ohne diesen zu verdichten. In die großen Hohlräume des Grobschlags wird ein Feinsubstrat-Gemisch aus Pflanzenkohle, Kompost und Sand eingeschlämmt, in das die Baumwurzeln einwachsen können und so optimale Lebensbedingungen für das Baumwachstum langfristig sicherstellt. Gleichzeitig kann dieser „Schwammstadtkörper“ große Mengen Wasser aufnehmen und speichern, was die Kanalsysteme entlastet und die Bäume langfristig mit Wasser versorgt.
Die Vorteile des Schwammstadtprinzips für Bäume im Überblick:
- Langlebige Baumstandorte schaffen
Indem das Schwammstadt-System den Wurzelraum erheblich vergrößert, können Stadtbäume schneller wachsen, werden größer und gesünder. Gesunde Bäume sind besser in der Lage, den öffentlichen Raum zu beschatten und zu kühlen, was das Mikroklima in Städten deutlich verbessert. - Effektive Starkregenvorsorge gewährleisten
Das Schwammstadt-System kann große Mengen Regenwasser in kurzer Zeit speichern. Ein Kubikmeter des eingebauten Grobschlags kann in seinen Poren zwischen 150 und 300 Liter Wasser aufnehmen. Dies trägt maßgeblich zur Vermeidung von Überschwemmungen bei, indem das Wasser direkt vor Ort zurückgehalten wird. - Den Wasserkreislauf schließen
Regenwasser wird gezielt zu den Baumwurzeln geleitet, wo es durch die in das System eingebrachte Pflanzenkohle gespeichert wird. Pflanzenkohle ist in der Lage, große Mengen Wasser langfristig zu speichern und den Bäumen bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Überschüssiges Wasser versickert langsam im Boden, wodurch der natürliche Wasserkreislauf unterstützt wird. - Trinkwasser sparen
Da das Schwammstadt-Prinzip Regenwasser effizient speichert, müssen Bäume auch in Trockenperioden nicht zusätzlich mit Trinkwasser bewässert werden. Das spart wertvolle Ressourcen und stellt sicher, dass die Bäume selbst in extremen Wetterlagen gedeihen können. - Schutz der städtischen Infrastruktur
Durch die gezielte Lenkung des Wurzelwachstums in den Schwammstadtkörper werden Schäden an Leitungen und Oberflächen minimiert. Dies verlängert die Lebensdauer von Straßen, Gehwegen und anderen städtischen Infrastrukturen. - Einfache Integration in bestehende Strukturen
Das Schwammstadt-Prinzip verwendet gängige Baumaterialien und kann unter verschiedenen Oberflächenbelägen installiert werden. Die Lastabtragung erfolgt durch den eingebauten Grobschlag, der das Regenwasser wie ein Schwamm aufnimmt und gleichzeitig die Stabilität der Oberfläche gewährleistet. - Integration in Bestandsstadt
das Schwammstadtprinzip für Bäume kann auch in der Bestandsstadt gut integriert werden
- HOHE ANFANGSKOSTEN: Die Installation des Schwammstadt-Systems erfordert teilweise eine erhebliche Anfangsinvestition. Langfristig amortisieren sich diese Kosten jedoch durch geringere Erhaltungskosten und die gesteigerte Gesundheit und Langlebigkeit der Bäume.
- TECHNISCHE KOMPLEXITÄT: Die Planung und Umsetzung des Systems erfordern präzises Arbeiten. Insbesondere die Integration der unterirdischen Wurzelräume und die Wasserretention (Rückhaltung) unter bestehenden Straßenbelägen stellen eine Herausforderung dar, die nur durch sorgfältige Planung und Ausführung gemeistert werden kann.
- RAUMKNAPPHEIT: In dicht besiedelten urbanen Gebieten ist der verfügbare Platz oft begrenzt, was die Installation des Schwammstadt-Systems erschwert. Eine genaue Anpassung an die spezifischen Bodenverhältnisse und die Einzugsfläche ist erforderlich, um die Effektivität des Systems sicherzustellen.
- PFLEGE UND WARTUNG: Um die Funktionalität des Systems und die Gesundheit der Bäume langfristig zu gewährleisten, sind regelmäßige Pflege- und Wartungsgänge notwendig. Diese umfassen unter anderem die Kontrolle der Wasserspeicher und die Pflege der Bäume.
- AKZEPTANZ UND BEWUSSTSEIN: Die Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips erfordert das Bewusstsein und die Unterstützung der Bevölkerung sowie der Entscheidungsträger. Die langfristigen Vorteile müssen klar kommuniziert werden, um die erforderlichen Investitionen und den vorübergehenden Bauaufwand zu rechtfertigen.
Eine praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung zur baulichen Umsetzung des Schwammstadt-Prinzips finden Sie in dem Beitrag How to: Schwammstadt-Prinzip für Bäume umsetzen.
Das Schwammstadt-Prinzip für Bäume bietet eine innovative und nachhaltige Lösung, um den Herausforderungen des Klimawandels in unseren Städten zu begegnen. Durch die gezielte Integration von Stadtbäumen und die Optimierung des Wasserhaushalts können Städte nicht nur besser auf Extremwetterlagen reagieren, sondern auch lebenswertere und klimafitte urbane Räume schaffen.
Links:
- Weiterführende Informationen zum Thema Schwammstadt finden Sie hier