Transformation – begrünt und sozial nachhaltig? „Green gentrification“ vorbeugen 

Foto einer Stadt mit vielen Bäumen
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Mobilitäts-Transformationsprojekte verbessern durch Begrünung und Lärmreduktion die Lebensqualität und schaffen mehr Platz im öffentlichen Raum. Doch diese Veränderungen können auch zu steigenden Wohnungspreisen führen und Bewohner mit niedrigem Einkommen verdrängen. Politik und Planung müssen daher aktiv werden, um sicherzustellen, dass diese Transformation sozial nachhaltig gestaltet wird.

In diesem Blogbeitrag werden Fragen aufgegriffen, die seitens der Politik und Verwaltung beachtet werden sollten, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken und daraus resultierende direkte und indirekte Folgen abwenden zu können.  

Des einen Freud, des anderen Leid 

Begrünung, Lärmreduktion, mehr Platz und höhere Aufenthaltsqualität sind wesentliche Vorteile von Mobilitäts-Transformationsprojekten im öffentlichen Raum. Jedoch können die Umgestaltung und Begrünung des öffentlichen Raums direkte negative Wirkungen auf dessen Nutzbarkeit sowie indirekte auf den Wohnungsmarkt haben. Wenn die Straße zu einem Park umgestaltet wird, steigt zwar die Lebensqualität der Anrainer:innen, allerdings erhöht sich auch die Nachfrage nach Wohnungen in dieser Gegend von Menschen mit höherem Einkommen.

Vermieter können dadurch teurer vermieten. Bspw. durch die Zu- und Abschlagsregelung bei Wohnungen im Richtwertmietzins, welche sich an Grundstückspreisen am privaten Wohnungsmarkt orientieren. Grundstückspreise kommen in der Regel durch Grundstückspekulationen zustande. Dementsprechend können private Eigentümer spekulieren, dass sich der Wert ihrer Immobilie durch die Transformation des Straßenraums erhöht und dieser daher teurer vermieten kann.

Durch die fiktive Erhöhung des Grundstückswertes, kann sich dementsprechend auch der Lagezuschlag bei Mietzins-gebundenen Wohnungen erhöhen. Mietverträge werden entweder teurer verlängert oder die Wohnung wird an Gruppen mit höherem Einkommen vermietet. Mietverträge, welche für das dort lebende Milieu ursprünglich bezahlbar waren, werden nicht mehr abgeschlossen. Entsprechend wird die ursprüngliche dort wohnende Bevölkerung von Gruppen mit höherem Einkommen verdrängt. Ursprüngliche Mieter:innen haben somit einen doppelten Nachteil. Sie haben nichts vom Park und müssen auch noch ihre Wohnung und Wohnumgebung verlassen. Der Zuzug von Gruppen mit niedrigem Einkommen wird sich dementsprechend verringern. 

Politik, Verwaltung und Planung haben allerdings die Möglichkeiten Transformation auch sozial nachhaltig zu gestalten.  

Green Gentrification – soziale Folgen durch Begrünung im Rahmen von Transformation 

Grüne Infrastrukturprojekte verknüpfen oftmals die Bereiche Handel, Tourismus, Immobilienentwicklung und aktive Mobilität (Rigolon; Neméth 2018:71). Die Nachhaltigkeitsdebatte um diese Projekte lässt oftmals sozioökonomische und wohnpolitische Fragen in den Hintergrund rücken (Rigolon, Neméth, 2018: 75). 

Transformation, also die Umgestaltung von öffentlichen Räumen, bezieht sich nicht nur auf Mobilität und damit einhergehende Begrünungsmaßnahmen. Geplant, gebaut, gestaltet wird für alle Menschen. Bereiche des Zusammenlebens in einer Gemeinde, wie leistbares Wohnen, Zugänglichkeit und niederschwellige Nutzbarkeit des öffentlichen Raums sind bei Transformationsprojekten zu berücksichtigen, um negative Effekte, wie bspw. Die Verdrängung und Exklusion von bestimmten Gruppen, verhindern zu können. Wird bei der Umgestaltung des Mobilitätsraums das Augenmerk nur auf die Begrünung gelegt, können Gestaltungselemente des öffentlichen Raums, wie bspw. das Stadtmobiliar, gewisse soziale Gruppen in der Nutzung ausschließen.  

Ebenso werden Gruppen aus dem öffentlichen Raum verdrängt, wenn dieser nach der Umgestaltung ein Ort des Konsums wird. Auch sind private Bewirtschaftungsformen (Public Private Partnerships, siehe auch Blogbeitrag zu (Co-)finanzierung durch Private) problematisch, da private Betreiber:innen gesamtgesellschaftliche soziale Belange nicht in ihrer ökonomischen Bilanz abbilden können, sondern Partikularinteressen durchsetzen wollen. Diese Partikularinteressen bilden sich in Form von Anreizen (Incentives) ab, wie bspw. Widmungsvorteile (Quinton et. al. 2022: 971f.; Anguelovski et. al. 2018: 2ff.). Jede Umgestaltung bedeutet meistens eine Aufwertung der Umgebung. Wenn die Umgebung begrünt wird, wird diese ein interessanter Wohnort für Gruppen mit höherem Einkommen.

Wenn die Preise am Wohnungsmarkt steigen

Auch Entwickler:innen erkennen den Mehrwert durch Begrünung. Zukünftige Transformationsprojekte können dadurch Immobilienspekulation fördern, dementsprechend entsteht ein Druck auf den Wohnungs- und Mietenmarkt (Anguelovski et. al. 2018: 2ff.). Vor allem Mietpreise am privaten Wohnungsmarkt steigen aufgrund des besseren Vermarktungswerts. Langfristig sind für einkommensschwächere Gruppen die Wohnkosten deshalb kaum noch leistbar. Gezwungenermaßen müssen sie infolgedessen in Gegenden ziehen, die bezahlbarer sind.

In den meisten Fällen sind die neuen Wohnorte nicht gut angebunden und schlechter mit Grünraum und anderer Infrastruktur des täglichen Bedarfs versorgt. Ortsteile die von Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen geprägt und meist entfernt von den Zentren sind, werden auch als isolierte Wohngegenden bezeichnet (Anguelovski et. al. 2018: 2ff.). In diesem Zusammenhang wird von Green Gentrification gesprochen. 

Daher ist es wichtig, dass Mobilitäts-Transformationsprojekte interdisziplinär gedacht werden und Felder wie Wohnen und Soziales einbezogen werden. Entscheidungsträger:innen sollen daher ermutigt werden, Verantwortung für die sozialen Folgen von Ökologisierungsinitiativen in Form von Transformationsprojekten zu übernehmen und entsprechend ihrer Möglichkeiten gegenzusteuern (Goossens et. al. 2019: 568). 

Drei zu beachtende zentrale Dimensionen 

Entlang drei zentraler Dimensionen (1) Motive der Wirkmächtigen und systemischen Zusammenhänge, (2) Partizipation und (3) Sozialstruktur im Kontext und dem gebauten Umfeld kann herausgearbeitet werden, ob im Rahmen einer Transformation das Umfeld des neuen Mobilitätsraums sozial inklusiv und sozial nachhaltig gestaltet ist – oder eben nicht. 

  1. Zuallererst wird der Fokus auf die Motive und Handlungslogiken der wirkmächtigen Akteure im Prozess gelegt. Sie sind Entscheidungsträger:innen und beeinflussen nachhaltig wer profitiert und wer benachteiligt wird. Diese Motive und Handlungslogiken müssen nicht zwingend personengebunden sein. Handlungslogiken liegen auch Programmen und Entwicklungsstrategien (als Ergebnisse von demokratischen Prozessen) zugrunde. Diese definieren Pfade der Inklusion oder Exklusion, da sie ebenso Interessen von Wirkmächtigen abbilden (Gossens et al. 2020: 568). Es soll der Frage nachgegangen werden, wer oder was beeinflusst direkt oder indirekt den Projektverlauf, -inhalt und das -ergebnis? 
  1. In einem weiteren Schritt liegt das Augenmerk auf den Mitbestimmungsmöglichkeiten. Dabei ist zu beachten, ob Beteiligungsformen so ausgestaltet sind, dass lediglich höher situierte, deutschsprachige Gruppen teilnehmen wollen oder ob ein Beteiligungsprozess niederschwellig aufgesetzt ist, sodass dieser die Diversität der dort ansässigen Menschen abbilden können. Begrünung des öffentlichen Raumes ist auch ein partizipativer und daher demokratischer Prozess. Beteiligungsformen müssen entsprechend aufgesetzt sein, sodass nicht nur bestimmte Perspektiven von speziellen Gruppen in den Planungsprozess aufgenommen werden. Beteiligungsprozesse sollen entsprechend stark aufgesetzt sein, sodass eine breite Interessenvielfalt in den Prozess mitaufgenommen werden kann. Dabei soll genau analysiert werden, welche Faktoren die Mitbestimmungsmöglichkeiten indirekt oder direkt beeinflussen. 
  1. Letztlich werden die sozialräumlichen Wirkungen der Umgestaltung analysiert. Darunter fallen bspw. die Ausgestaltung, die Nutzbarkeit und die Bewirtschaftungs- und Verwaltungsform des öffentlichen Raums. Auch die Verteilung der Flächen ist von Interesse. So ist nicht nur zwischen den Mobilitätsformen, sondern auch zwischen konsumfreien und konsumpflichtigen Flächen zu unterscheiden. Diese können als direkte Wirkungen beobachtet werden.  

Letztendlich können Transformationen langfristig das Gebiet aufwerten, sodass sich diese in steigenden Wohnpreisen niederschlägt. Personen mit niedrigerem Haushaltseinkommen werden von solchen mit höherem Einkommen verdrängt. Dieser Prozess, als indirekte Wirkung, ist schleichend und lässt sich nur über einen längeren Zeitraum analysieren. 

Analyse der Motive der Wirkmächtigen und systemischer Zusammenhänge

Dass bei der Umgestaltung von Straßen Begrünung mitgedacht wird, ist mittlerweile gängige Planungspraxis. Bundes- und Kommunalregierungen entwickeln mit Bauunternehmen und Investor:innen Stadtentwicklungsprojekte und öffentliche Räume. Fast jede räumliche Umgestaltung geht mit dessen Aufwertung einher. Diese Entwicklungen sind daher von unterschiedlichen Interessen geprägt und beeinflussen demnach den Nachhaltigkeitsdiskurs und daran anschließend den Prozess der Umgestaltung. Auch wie der Raum genutzt werden darf und wie dieser bewirtschaftet wird, wird in diesem Zusammenhang festgelegt.

In der Literatur wird dieser Nachhaltigkeitsdiskurs auch als Marketingstrategie (Sax et. al. 2022:376) oder als „greenwashing“ (Rigolon/ Nemeth, 2018:77; Oscilowicz et. al. 2023: 20) zur Durchsetzung von Verwertungsinteressen eingeordnet. Der Grund dafür ist, dass sich dieses Ökologisierungs-Narrativ an bestimmte Gruppen und Wirtschaftsbereiche, wie Investor:innen, High-Potentials, Tourismus und die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts richtet und weniger auf die Bedürfnisse der dort ansässigen Bevölkerung ausgerichtet ist (Anguelovski et. al. 2018: 2ff.). Daher gilt: ökologisch nachhaltig bedeutet nicht zwingend sozial nachhaltig. Folgende Fragen und Aspekte sind in diesem Zusammenhang bei Transformationsprojekten zu beachten: 

Direkte und indirekte Einflussfaktoren 
  • Direkte: interne Akteur:innen; gesetzliche Rahmenbedingungen mit verbindlichem Charakter, Eigentumsverhältnisse
  • Indirekte: externe Akteur:innen; Programme, Strategien mit unverbindlichem Charakter 
Kriterien und Fragen zur Analyse systemischer Zusammenhänge 
  • Welche übergeordneten Ziele liegen der Transformation zugrunde? 
  • Auf welche Programme und Strategiepapiere wird bei der Transformation verwiesen? 
  • Welche Sozialpartnerschaften sind in den Prozess eingebunden? 
  • Welche Sozialpartnerschaft hat welches Gewicht? 
  • Welche Akteur:innen entscheiden und beeinflussen den Prozess?
    • Politik, Investor:innen, Eigentümer:innen, Wirtschaftstreibende, NGOs, sozialintegrative Institutionen, andere soziale Initiativen 
  • Welche:r Akteur:in zieht einen direkten Vorteil aus der Umgestaltung?
    • Gewerbetreibende, Immobilieneigentümer:innen, Investor:innen, Kommune 
  • Welche Ziele werden mit dem Umbau verfolgt?
    • Ökologie, Verbesserung der Aufenthaltsqualität, Reduktion des MIV-Verkehrs, Flächenumverteilung, Verwertung, Aufwertung von Immobilien, Imageaufbesserung, Flächengerechtigkeit, Zugänglichkeit 
  • Welche Bewirtschaftungs- und Verwaltungsformen werden zur Verwaltung des Raums angestrebt?
    • Kommunal oder privat, public private partnership? 

Analyse der Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Planung 

Nachdem die unterschiedlichen Interessen der Entscheidungsträger:innen und die Policy bekannt sind, soll im weiteren Schritt gefragt werden, welche Gruppen im Prozess partizipieren und weiters bei der Gestaltung mitentscheiden können. Oftmals sind durch unterschiedliche Barrieren gerade jene Gruppen ausgeschlossen, welche auf den öffentlichen Raum am stärksten angewiesen sind. Im Vorfeld der Konzeption der Beteiligungsstrategie ist daher von zentraler Bedeutung, die sozialräumlichen und sozialstrukturellen Gegebenheiten vor Ort zu kennen. Vor allem sollen bei der Konzeption von Beteiligungsprozessen folgende Aspekte und Fragen berücksichtigt werden: 

Direkte und indirekte Einflussfaktoren 
  • Direkte: Akteurs-spezifische Formate, Methodenwahl und Aktvierung; Budget 
  • Indirekte: Tageszeit, Wetter, Gegenveranstaltungen, Sprachbarrieren 
Kriterien und Fragen zur Analyse systemischer Zusammenhänge 
  • Welche Gruppen wohnen in der näheren Umgebung (Sozialstruktur)? 
  • Welche Gruppen sind auf den öffentlichen Raum am stärksten angewiesen? 
  • Welche Gruppen nutzen den öffentlichen Raum aktuell? 
  • Welche Gruppen sollen erreicht werden? 
  • An welche Gruppen richtet sich das Projektnarrativ? 
  • Welche Beteiligungsformate erreichen welche Gruppen? 
  • Welche Formate sind vorgesehen? 
  • In welchen Sprachen werden Informationen übermittelt? 
  • An welchen Orten gibt es Beteiligungsmöglichkeiten? 
  • Welche Formate werden gewählt, damit auch die leisen Stimmen gehört werde

Mehr dazu gibt es im Beitrag zu Diversität in der Planung.

Analyse der sozialräumlichen Wirkungen nach der Umgestaltung 

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Lokalräumlich kann analysiert werden, ob der öffentliche Raum sozial inklusiv gestaltet ist. Zum Beispiel ist darauf zu achten, ob die Architektur und die Anordnung des Stadtmobiliars für alle Gruppen nutzbar ausgestaltet ist. Im Umkehrschluss kann die Möblierung des öffentlichen Raums lediglich eine kosmetische Maßnahme, also ein (menschenfeindliches) Designelement sein. Dies kann dazu führen, dass sich Menschen nur kurz im öffentlichen Raum aufhalten. Beispielsweise können Parkbänke, welche mit Armlehnen unterteilt sind, exkludierend wirken.

Die durch sogenannte Aufstehhilfen entstehenden Sitzplätze auf den Bänken können für bestimmte Menschen mit höherem Platzbedarf zu schmal sein. Auch die Möglichkeit zum Hinlegen wird durch die Armlehnen unterbunden. Da die Armlehnen meist zu niedrig oder auch zu hoch zum Abstützen der Arme sind, somit auch keinerlei ergonomische Funktion aufweisen, dienen diese Unterteilungen lediglich dazu, dass diese Bänke nicht zum Verweilen gedacht sind. Derartig nutzungswidrige Designelemente im Stadtmobiliar werden in der Fachsprache als “defensive Architektur” oder Englisch als “hostile design” definiert. 

Ebenso stellt sich die Frage der Zugänglichkeit. Die niederschwellige Nutzbarkeit öffentlicher Räume sollte das Ziel eines jeden Umgestaltungsprozesses sein. Jedoch können die Interessen der Wirkmächtigen auch die Transformation von konsumfreien Räumen hin zu konsumpflichtigen Räumen bewirken. Daher ist es von Bedeutung, dass darauf geachtet wird, dass nach einer Umgestaltung – im besten Fall – mehr konsumfreie Flächen zur Verfügung stehen als zuvor.  

Langfristig muss beobachtet werden, welche Effekte die Transformation der öffentlichen Mobilitätsräume auf das weitere Umfeld hat. Hier sollte über einen längeren Zeitraum die Preisentwicklung und die Sozialstruktur im Wohnungssektor analysiert werden. Ein Zusammenhang zwischen Transformation des öffentlichen Raums und Verdrängung der ursprünglichen ansässigen Bevölkerung kann bestehen:  

  • wenn im Wohnungssektor eine Steigerung der Wohnkosten nach der Transformation zu beobachten ist,  
  • wenn sich der Anteil der Bevölkerung mit Migrationsgeschichte verringert,  
  • wenn der Wohnflächenverbrauch oder auch  
  • Bildungsgrad im Wohnungssektor steigt -gegenüber Gegenden, welche nicht transformiert wurden. 
Direkte und indirekte Einflussfaktoren 
  • Direkte: Gebauter öffentlicher Raum (Ausstattung, Zugänglichkeit, Bewirtschaftungs- und Verwaltungsform, Flächenverteilung, diverse Nutzbarkeit hinsichtlich Akteur:innen und Aktivitäten) 
  • Indirekte: Wohnungsmarkt und Sozialstruktur (Miet- und Immobilienpreise, Haushaltseinkommen, Belegungsdichte, Bildungsniveau, Herkunftsland) 
Kriterien und Fragen zur Analyse systemischer Zusammenhänge 
  • Gibt es Sitzgelegenheiten in konsumfreien Zonen? 
  • Anordnung Sitzmöbel. Eignet sich die Anordnung für eine Konversation? Wohin ist der Blick gerichtet, wenn man darauf sitzt? 
  • Beschaffenheit der Sitzmöbel. Kann man auf Bänken ruhen, wenn erforderlich? 
  • Anteil konsumfreie / konsumpflichtige Flächen 
  • Welche Gruppen nutzen für welche Aktivitäten den öffentlichen Raum? (vorher/nachher) 
  • Wer wohnt im näheren Umfeld (Sozialstruktur)? (vorher/nachher) 
  • Belegungsdichte 
  • Haushaltseinkommen 
  • Bildungsgrad 
  • Migrationsgeschichte

Transformation sozial langfristig sichern?  

Um Green Gentrification im Kontext der Mobilitätswende entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass umweltfreundliche Entwicklungen nicht zu sozialer Ungerechtigkeit führen, können verschiedene Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Hier sind einige mögliche Ansätze: 

  1. Sozialer Wohnungsbau: 

Fördern Sie den Bau von bezahlbarem Wohnraum in Gebieten mit grüner Infrastruktur und nachhaltigen Verkehrsmitteln. Dadurch wird sichergestellt, dass Menschen mit niedrigerem Einkommen von den umweltfreundlichen Entwicklungen profitieren können, ohne verdrängt zu werden. (bspw. städtebaulicher Wettbewerb mit entsprechenden Kriterien zur Mietpreisbindung; Vertragsraumordnung; Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ WBO) 

  1. Mietpreisregulierung: 

Implementieren und sichern Sie Mechanismen zur Kontrolle von Mietpreisen, um exzessive Preisanstiege zu verhindern. Dies kann dazu beitragen, dass die Kosten für Wohnraum in aufgewerteten Gebieten nicht unerschwinglich werden. (bspw. Vertragsraumordnung, Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ WBO) 

  1. Community-Beteiligung: 

Integrieren Sie die Gemeinschaft in den Planungsprozess. Durch eine partizipative Stadtentwicklung können die Bedürfnisse und Anliegen der Bewohner:innen besser berücksichtigt werden, um eine ausgewogene Entwicklung zu fördern. Um die Interessen aller Gruppen – auch von den schwer erreichbaren Gruppen – im Beteiligungsprozess abbilden zu können, wählen Sie adäquate Aktivierungs- und Beteiligungsmethoden, kalkulieren Sie das Budget entsprechend. Falls es notwendig ist, greifen Sie auf das Tool der Anwaltsplanung zurück. Anwaltsplanung ist ein Beteiligungskonzept, bei dem die Interessen von bestimmten Gruppen von einer Fachperson gegenüber Gremien (bspw. Gemeinderat) vertreten werden. Das ist kein Anwalt im herkömmlichen Sinne, sondern eine Fachperson bspw. aus Planung, Sozialarbeit, Bildung etc. 

  1. Inklusive Planung: 

Stellen Sie sicher, dass die Planung umweltfreundlicher Maßnahmen von Anfang an soziale Inklusion und Gerechtigkeit berücksichtigt. Dies könnte die Schaffung von Grünflächen, Spielplätzen und öffentlichen Einrichtungen für alle Bevölkerungsgruppen beinhalten, aber auch entsprechend nutzungsfreundliches Mobiliar im öffentlichen Raum. (Vermeidung von „hostile design“) 

  1. Erhaltung von Kulturerbe: 

Implementieren Sie Maßnahmen, die den Erhalt von kulturellem Erbe fördern. Dies könnte dazu beitragen, die Authentizität und Vielfalt von Stadtvierteln zu bewahren und die Gefahr der Gentrifizierung zu mindern. (bspw. Sanierung statt Neubau à bei bereits amortisierten Gebäuden greift Richtwert-Mietzins und die Mieten sind gedeckelt. Bei Abriss und Neubau erfolgt die Mietpreisbildung über den freien Markt und das Preisniveau im Wohnsegment würde steigen) 

  1. Städtische und kommunale Entwicklungsstrategien: 

Entwickeln Sie umfassende städtische Entwicklungsstrategien, die nicht nur die Umweltfreundlichkeit, sondern auch soziale Gerechtigkeit als Schlüsselziele integrieren. Wichtig ist dabei die interdisziplinäre Betrachtungsweise von Mobilitätsprojekten im öffentlichen Raum. Verknüpfen Sie die Themen Mobilität mit Wohnen, Begrünung, sozialer Daseinsvorsorge. Betrachten Sie Planung integrativ, um negativen Effekten und dadurch Volkswirtschaftlichen Mehrkosten entgegenzuwirken. 

  1. Förderung von Genossenschaften: 

Unterstützen Sie die Gründung und Entwicklung von Wohnungs- und Mobilitätsgenossenschaften, um gemeinschaftseigene Ressourcen zu schaffen und die Kontrolle über Wohnraum und Verkehrsmittel zu behalten. 

Die Umsetzung dieser Gegenmaßnahmen erfordert eine sorgfältige Abwägung der Interessen verschiedener Bevölkerungsgruppen und eine langfristige, integrierte Planung. Es ist wichtig, dass Regierungen, Stadtplaner:innen, Gemeinden und andere Akteur:innen zusammenarbeiten, um nachhaltige städtische Entwicklungen zu fördern, die für alle Bewohner:innen zugänglich und gerecht sind. 

Quellen:

  1. Anguelovski, Isabelle & Connolly, James & García Lamarca, Melissa & Cole, Helen & Pearsall, Hamil. (2018). New scholarly pathways on green gentrification: What does the urban ‘green turn’ mean and where is it going? Progress in Human Geography. 43. 030913251880379. https://doi.org/10.1177/0309132518803799
  2. Alessandro, Rigolon; Jeremy, Németh (2018). “We’re not in the business of housing:” Environmental gentrification and the nonprofitization of green infrastructure projects. Cities, Volume 81, Pages 71-80, ISSN 0264-2751, https://doi.org/10.1016/j.cities.2018.03.016.  
  3. Daniel L. Sax, Lorien Nesbitt, Jessica Quinton, Improvement, not displacement (2022). A framework for urban green gentrification research and practice, Environmental Science & Policy, Volume 137,2022, Pages 373-383, ISSN 1462-9011, https://doi.org/10.1016/j.envsci.2022.09.013
  4. Goossens, C., Oosterlynck, S., & Bradt, L. (2020). Livable streets? Green gentrification and the displacement of longtime residents in Ghent, Belgium. URBAN GEOGRAPHY, 41(4), 550–572. https://doi.org/10.1080/02723638.2019.1686307
  5. Quinton, Jessica & Nesbitt, Lorien & Sax, Daniel. (2022). How well do we know green gentrification? A systematic review of the methods. Progress in Human Geography. 46. https://doi.org/10.1177/03091325221104478
  6. Oscilowicz, Emilia & Anguelovski, Isabelle & García Lamarca, Melissa & Cole, Helen & Shokry, Galia & Pérez del Pulgar, Carmen & Argüelles, Lucía & Connolly, James. (2023). Grassroots mobilization for a just, green urban future: Building community infrastructure against green gentrification and displacement. Journal of Urban Affairs. 1-34. https://doi.org/10.1080/07352166.2023.2180381